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Übertragung

Sonntag, 17.04.2022 | 20.03 Uhr

Deutschlandfunk-Kultur

Programm

Maurice Ravel
›Shéhérazade‹ für Sopran und Orchester

Sherif Mohie Eldin
Drei ägyptische Lieder nach Gedichten von Amal Dunqul für Frauenstimme und Orchester

Alexander Zemlinsky
›Die Seejungfrau‹ – Fantasie für Orchester

Mitwirkende

Cristian Macelaru Dirigent

  • Fatma Said Sopran

Deutsches Symphonie-Orchester Berlin

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Habakuk Traber im Gespräch mit Volker Michael von Deutschlandfunk Kultur

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Märchenmusik

Die Rede vom »Orient« war um 1900 unter Europäern gebräuchlich für einen Großteil der Welt östlich des Mittelmeers. Heute ist das anders. In unseren Ohren klingt der Begriff pauschalisierend, romantisierend. Rückt er nicht einen ganzen Erdteil in eine traumhafte Ferne, die auf diese Art im »digitalen Dorf« von heute nicht mehr existiert? Sind aber dagegen nicht auch neuere Worte wie »Naher« und »Mittlerer Osten« ebenso mit verallgemeinernden Zuschreibungen verbunden – und auch mit bestimmten Nachrichten aus der Tagespolitik? Immerhin hat das Wort vom »Orient« nach wie vor einen Zauber – einen, der namentlich Medienkonsumenten, die zugleich Musikfans sind, nicht sofort an politische und religiöse Spannungen denken lässt. Maurice Ravel hat zu dieser zauberischen Aufladung mit seiner Komposition der ›Shéhérazade‹ für Sopran und Orchester im Jahr 1903 einiges beigetragen. Allerdings erachtete er seinen Anteil an der Idee, die Erzählungen aus ›Tausendundeiner Nacht‹ in Musik zu setzen, als gering.

Wie kam Ravel zu ›Shéhérazade‹? »Das ist schwer zu sagen«, konstatierte der Komponist später. »Der Orient lag in der Luft.« Auch Rimsky-Korsakow habe ja zwanzig Jahre früher eine nicht wenig erfolgreiche Symphonische Dichtung über den Stoff komponiert, und Joseph-Charles Mardrus fertigte die erste Übersetzung von ›Tausendundeine Nacht‹ in einer europäischen Sprache an. Zum wachsenden Interesse an den ursprünglich persischen, später arabischen Märchen, die die eloquente Shéhérazade Nacht für Nacht dem König erzählt, trugen zudem die Weltausstellungen bei, die 1889 und 1900 in Paris stattfanden und das europäische Publikum erstmals leibhaftig mit Ländern wie Ägypten, Libanon oder Saudi-Arabien in Berührung brachten. Ravel seinerseits hielt seine Kenntnisse solch vermeintlich ferner Länder bewusst im Ungefähren: »Kannte ich damals schon eine Anthologie orientalischer Verse? Ich bin dessen nicht sicher. Ich schaute auch keine Landkarte an. Erst später las ich Hafis und Omar Chayyām. Ich wurde damals mehr von den Dichtern Chinas angezogen. Vielleicht lässt sich in meinen persischen Miniaturen der Sinn für das Einfache, die Perfektion ahnen. Doch nehmen wir es nicht zu genau …«

Kritik und Subversion
Heute allerdings nehmen wir es genauer – und können den einstigen Zauber des »Orients« vielleicht durch mehr Präzision wiedererinnern und bewahren. Dazu gehört, dass das DSO eine Sängerin einlädt, die in arabischen Gesangsstilen genauso zu Hause ist wie im europäischen Kunstgesang: die ägyptische Sopranistin Fatma Said. Jüngst hat sie bei der Opus-Klassik-Preisverleihung mit einem gelungenen gesanglichen Crossover zwischen beiden musikalischen Welten geglänzt. »Ich bin sehr glücklich darüber, mit Musikerinnen und Musikern unterschiedlichster Herkunft zu arbeiten und Musik von Komponisten aus der ganzen Welt zu singen«, sagt Fatma Said. In die Berliner Philharmonie wird sie neben Ravel auch drei Lieder eines ägyptischen Landsmannes mitbringen, des Komponisten Sherif Mohie Eldin. Dieser hat Texte des bereits 1983 verstorbenen Amal Dunqul vertont. Dunqul schrieb arabische Naturlyrik, aber auch subversive Gedichte, die den Mächtigen südlich des Mittelmeers seit dem Arabischen Frühling so manches Mal wieder ein Dorn im Auge sind.

Im DSO-Konzert unter Leitung von Cristian Măcelaru wird diese Reise in die Welt des »Morgenlandes« in nördlicheren Gefilden fortgesetzt, wo es ebenfalls immer wieder Neues zu entdecken gibt: Im gleichen Jahr wie Ravel seine ›Shéhérazade‹ schrieb Alexander Zemlinsky eine Symphonische Dichtung nach einem anderen berühmten Märchen: Seine opulente Fin-de-Siècle-Komposition ›Die Seejungfrau‹ changiert zwischen sinnlicher Erotik und Unheimlichkeit – und wurde in einer wiederentdeckten Urfassung erst 2013 uraufgeführt. Für das DSO hat das Werk Zemlinskys eine besondere Bedeutung. Seit 1980 gehörte das Orchester federführend zu den Klangkörpern, die sich der Wiederentdeckung des Komponisten und anderer vergessener Tonsetzer verschrieben hatten. Die ›Seejungfrau‹ stand 1986 erstmals unter Riccardo Chailly auf dem Programm – und hat seitdem ihren festen Platz im Repertoire und im Herzen des Orchesters.

MATTHIAS NÖTHER

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