Zum dritten Mal wählt Chefdirigent Robin Ticciati das Format eines viertägigen Festivals, um sich im Laufe von zwei Wochenenden einem Thema von mehreren Seiten zu nähern. Die Idee dazu entstand aus Überlegungen zum Gesellschaftsbezug des eigenen Tuns, aus der Auseinandersetzung mit dem psychischen Stress, dem Menschen von heute durch die ständige Kommunikation und die Eigendynamik der modernen Systeme ausgesetzt sind.
Was kann klassische Musik in diesen Zusammenhängen bewirken? Bietet sie ein Refugium, Entspannung und Regeneration, vielleicht sogar Kreativkraft? Musik formuliert in der Regel keine bündigen Antworten, sondern fächert Fragen eher nach ihren verschiedenen Aspekten auf. Sie setzt ihr eigenes Zeitmaß, ist ein Gegenüber zur Alltagswelt, Sehnsuchtsort und Anknüpfungspunkt für religiöse, mythische, ideologische oder fantastische Ideen. Wie haben Komponist:innen sich mit dem Unbekannten auseinandergesetzt, wie Krisen bewältigt? Welche Rolle spielen dabei Traditionen, greifbare und lebendige, aber auch solche, die in weiter Ferne liegen?
Der Titel des Festivals ist dabei ganz bewusst in englischer Sprache belassen; zum einen, weil das Wort »healing« einen ungleich größeren Bedeutungsradius besitzt als das deutsche Wort »Heilung«, zum anderen, weil Letzteres durch völkische Deutung von den Nationalsozialisten umstandslos in ihre Rassenideologie eingeschmolzen wurde. »Healing« umschließt in Andeutungen auch das, was man im Deutschen als »Versöhnung« oder »Erlösung« bezeichnet würde.
»Die Musik am Ende von ›Tristan und Isolde‹ ist eine Musik der Entrückung.«
Das Festivalprogramm
Das erste Konzert am 17. März wirft solche Fragen auf. Es streift alte Mythen und Erzählungen, zeichnet mit Harrison Birtwistle den antiken Gott Pan als Nachtmahr der Tiere, übt mit John Dowland das bittersüße Erleben der Melancholie, lässt mit Ernest Bloch König Salomo zu seinem Volk sprechen und folgt schließlich dem magischen Instrument des zentralasiatischen Obertongesangs bis zu Igor Strawinskys ›Le sacre du printemps‹.
Kontemplativ, meditativ ist das zweite Programm am 18. März gehalten, ein Nachtkonzert zu späterer Stunde. Arvo Pärt und Pēteris Vasks gehörten zu jener leisen Revolution, die das musikalische Bewusstsein auch im Westen veränderte. Die Einheit von Kunst und Glauben ist bei John Tavener, dem Zeitgenossen, nicht weniger eng als vor Jahrhunderten bei Johann Sebastian Bach und Hildegard von Bingen.
Das dritte Programm am 25. März berührt die Grenze zwischen Leben und Jenseits. Das religiöse Erlebnis, das aus dieser Welt hinausführt, vermittelte sich für Olivier Messiaen als Ereignis von Licht und Klang. Für Alexander Skrjabin, der zeitweise der Theosophie nahestand, kulminierte es in der Ekstase. Dass Alban Berg sein Violinkonzert mit Variationen über einen Bachchoral abschloss, stellt auch den Versuch dar, musikalisch den Übergang in eine andere Welt zu finden.
Das letzte Programm am 26. März stellt zwei Verklärungserzählungen einander gegenüber. Jonathan Harvey versucht in ›… towards a Pure Land‹ ein Ebenbild jenes Zustands zu schaffen, den die einen als Nirwana, andere als Paradies oder Elysium bezeichnen. Und die Musik am Ende von Richard Wagners ›Tristan und Isolde‹ ist eine Musik der Entrückung, gleichsam der Transformation der Liebe in eine andere, ihr nicht mehr feindliche Welt. Sie spricht nicht von einem Ende.
»Was kann klassische Musik bewirken? Bietet sie ein Refugium, Entspannung und Regeneration, vielleicht sogar Kreativkraft?«
Prominente Gäste
Prominent besetzt ist das Festival nicht nur bei Wagner, mit der Sopranistin Dorothea Röschmann und dem Tenor Michael Weinius als Isolde und Tristan, mit der Mezzosopranistin Claudia Mahnke und den Bassbaritonen John Relyea und Shenyang. Auch sind der Cellist Nicolas Altstaedt, die Geigerin Veronika Eberle, der Violinist Hugo Ticciati sowie Gareth Lubbe und Choduraa Tumat mit Obertongesang im Rahmen der beiden Wochenenden solistisch zu erleben.
Rahmenprogramm mit Vorträgen
Foto: Jörg Brüggemann / Ostkreuz
Am Nachmittag der beiden Samstage begleitet in Kooperation mit dem Staatlichen Institut für Musikforschung (SIM) ein Rahmenprogramm mit Vorträgen im Curt-Sachs-Saal des Musikinstrumenten-Museums das Festival thematisch.
Prof. Dr. Stefan Willich (Arzt, Dirigent, Hochschullehrer, Direktor des Instituts für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie der Charité), Prof. Dr. Mazda Adli (Stressforscher, Hochschullehrer, Gründer der ›Singing Shrinks‹) und Dr. Andrea Korenjak (Musikwissenschaftlerin, Psychologin und Querflötistin, Universität Wien) setzen sich am 18. März von 17 bis 20 Uhr mit der Geschichte der Musiktherapie, der Bedeutung von Musik für die psychi- sche Gesundheit und dem Themenfeld ›Musik, Medizin und Psychiatrie‹ auseinander.
Mitarbeiter des Institutes für Musikphysiologie und Musikermedizin Hannover – Prof. Dr. Eckart Altenmüller (Musikphysiologe, Musikermediziner, Flötist, Institutsdirektor), Prof. Dr. med. André Lee (Neurologe, Musikermediziner) und Dr. Daniel S. Scholz (Psychologe, Psychotherapeut, Jazzmusiker) – beschäftigen sich am 25. März von 16 bis 19 Uhr aus der Perspektive von Musizierenden mit Schmerzen und Angst beim Musikmachen sowie dem Musizieren als Vernetzungs-Kunst.
Der Eintritt ist frei, die Anmeldung erfolgt über den Besucherservice.
Das Festival im Paket
Die vier Symphoniekonzerte des Festivals sind als Festival-Paket zum vergünstigten Preis erhältlich.
Festival-Paket: Preise für Abonnent:innen Serien A, B, C und D
Auch Abonnent:innen der Serien A, B, C und D erhalten ihre übliche Ermäßigung auch für die zusätzlichen Konzerte im Festival-Paket. Jeweils ein Symphonie-Konzert des Festivals ist bereits Teil der Abonnementserien A, B, C und D. Somit umfasst das Festival-Paket für Abonnent:innen der genannten Serien nur 3 Konzerte und ist entsprechend günstiger:
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